Erschienen November 2018 im mandelbaum Verlag: Regionale Menschenrechtspraxis. Hrsg. Josef P. Mautner.
Armut, Ausgrenzung und Wohnungsnot
Armut im Wohlstand zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass Armutsgefährdung und akute Armut weitgehend in die Gesellschaft eingestreut sind. Es handelt sich dabei nicht mehr um eine in sich geschlossene Gesellschaftsschicht, die als eigenständiger Teil der Gesellschaft ein randständiges Dasein führt. Während jedoch in Armut geratene Gesellschaftsschichten eigene gemeinschaftliche Kultur- und Bewältigungsmuster entwickeln können und Armut unter diesen Vorzeichen eine gemeinsame Erfahrung darstellt, bleiben singularisierte (gewissermaßen eingestreute) arme Menschen zur Bewältigung oder Linderung von Armutsfolgen auf sich gestellt, ohne dass gemeinsamen und wechselseitig unterstützte Anstrengungen entwickelt werden könnten. Armut im Wohlstand wird leicht übersehen
Sozialwissenschaftliche Untersuchungen haben es vor dem Hintergrund des öffentlichen Diskurses über Betteln, Bettelbanden und organisierte Bettelmigration sehr schwer, Argumente und Erkenntnisse in die öffentliche sowie veröffentlichte Diskussion einzubringen und rationale Grundlagen einzubringen. Da hier nicht ausreichend Platz gegeben ist für den empirischen Erkenntnisstand, finden sich anschließend ein paar Stichworte zum aktuellen Stand der Entwicklung: • Überwiegend handelt es sich um BewohnerInnen ländlicher Regionen in Südost-Europa, u.a. Rumänien, Slowakei und Bulgarien; viele davon gehören zur Volksgruppe der Roma/Romnija • Die ländlichen Regionen Südosteuropas sind sehr strukturschwach, die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Sozialsysteme in der Regel nicht bedarfsdeckend. In besonderem Ausmaß sind ethnische Randgruppe wie Romnija von Arbeitslosigkeit und Ausgrenzung betroffen. Menschen in Langzeitarbeitslosigkeit sind kaum bis nicht in der Lage, mit den Transferleistungen ihre Wohnkosten abzudecken bzw. ihre Familien zu ernähren. • Insgesamt geht die Zahl der notleidenden Menschen in diesen Regionen in die Zigtausende. Erfahrungsgemäß ist jedoch nur ein kleiner Teil der Armutsbetroffenen in der Lage, die Anstrengungen der Armutsmigration zu bewältigen, sodass in der Regel jeweils nur einzelne Familienangehörige sich temporär auf den Weg machen. Erhebungen in Graz, Salzburg und Vorarlberg legen nahe, dass es sich um mehr / minder kleine Gruppen handelt, die sich jeweils kurz- bis mittelfristig […]